Assisistickerei

Diese Sticktechnik, eine Kombination aus Kreuz- und Linienstich, hat ihren Ursprung im südlichen Umbrien (Italien), das seiner traditionsreichen Kunst wegen berühmt ist. Die Stickereien aus dem 13. bis 15. Jh. zeigen die charakteristischen Formen: Figürchen und stilisierte Tiere, ergänzt und begrenzt durch geometrische Details. Immer ist bei diesen Mustern der Fond mit Kreuzstich ausgefüllt, die Konturen sind dunkel begrenzt, und der ausgesparte in der Regel hellere Stoff hebt sich dadurch wirkungsvoll vom Stickereigrund ab. Traditionell werden die Farben Rot, Blau, Grün und Goldgelb für den Hintergrund und Schwarz oder Braun für die Umrandung verwendet. Den Namen hat die Technik von der Stadt des heiligen Franziskus (Franz von Assisi), der in Assisi geboren und begraben wurde. Die textilen Kirchenschätze der Stadt sind vorwiegend in dieser Art gestickt worden.

Im 18. und 19. Jh. geriet die Sticktechnik in Vergessenheit.


Franz von Assisi

Am 4. Oktober 1902, dem Namenstag des heiligen Franziskus wurde im Kloster von Assisi eine Handarbeitswerkstatt für arme Mädchen gegründet. Die Mädchen erlernten hier die einfachere Form des Stickens mit Kreuz- und Umrandungsstichen. Die Muster waren aus den oft komplizierten Arabesken der klösterlichen Stickerei abgeleitet. Tischdecken und Servietten mit Assisistickerei ließen sich gut verkaufen und wurden immer beliebter, so dass sie sich in ganz Europa und sogar Übersee verbreiteten.

 

Quellen: Sticken, Burda-Verlag 1982 Assisistickerei, Eva-Maria-Leszner, Rosenheimer Verlagshaus 1985

Man findet recht wenig Informationen über die Assisistickerei, deshalb sei hier ein weiterer Auszug aus dem Buch von
Eva-Maria-Leszner, das ich antiquarisch erstanden habe



Überlieferte Stickkunst

Auch wenn der heilige Franziskus eines reichen Tuchhändlers Sohn war, so wäre es denn doch zu weit hergeholt, über ihn, den Bettelmönch, eine Verbindung zur überlieferten italienischen Textilkunst zu schlagen. Weißstickerei, die in Mittel- und Nordeuropa vor allem in den Klöstern des 13. bis 15. Jahrhunderts zu wundervoller Blüte gelangte, war und ist in Italien weitestgehend unbekannt. In diesem sonnigen Land wurde – auch in den Klöstern – mit fröhlichen Farben gestickt. Die sakralen Stickereien wurden auf Goldgrund mit farbiger Seide in Spaltstich gearbeitet. In einigen Klöstern wurde schon im 13. und 14. Jahrhundert eine etwas bescheidenere Stickerei entwickelt, die ihre Blütezeit auch im nichtkirchlichen Bereich im 16. Jahrhundert erlebte. Auf feinen Leinenstoffen wurden die Muster und Motive ausgespart und die Konturen sowie der Hintergrund in farbiger Seide gestickt. Die Umrisse der Muster hat man auf den Stoff gezeichnet, die Konturen dann – im kirchlichen Bereich mit schwarzer oder brauner Seide – mit einfachen Vorstichen oder Steppstichen nachgestickt. Danach wurde der Grund mit roten, grünen oder gelben Füllstichen flächendeckend überstickt. Am gebräuchlichsten war hierfür der Zopfstich. Es gibt aber auch überlieferte Beispiele, mit netzartigem Ajourgrund oder in Kästchenstich. Die Vorbilder für ihre Motive fand die weltliche Stickerei in den in der Renaissance wiederentdeckten Grotesken, den Satyrn, Fratzen und Fabelwesen der Antike. Die kirchlichen Motive wurden dagegen stärker von den traditionellen Mustern paarweise angeordneter, von üppigen Ranken umgebener Vögel und Tiere beeinflusst. Diese Motive finden wir schon in den Steinreliefs und dem holzgeschnitzten Chorgestühl der romanischen Kirchen. In die Textilkunst Italiens sind sie wahrscheinlich über die Seidenweberei eingegangen. Seidenmanufakturen, die im 12. Jahrhundert, aus Byzanz kommend, in Sizilien Fuß fassten, haben sich von dort aus in Florenz, Lucca, und Venedig angesiedelt. Im 15. Jahrhundert war das nur zwanzig Kilometer von Assisi entfernte Perugia ein Zentrum der Baumwollweberei. Hier wurden weiße Handtücher, Tischdecken und Servietten mit blauen Musterstreifen gewebt. In diesen Streifen fanden sich, weiß ausgespart, wiederum paarweise gegeneinandergestellte Vogel- und Tiermotive. Im 18. und 19. Jahrhundert geriet die Web- und Sticktechnik in Vergessenheit, und mit der Technik verschwanden auch die Muster und Motive.