Neben der weltlichen Bedeutung der Stadt Merseburg war sie ein bedeutendes
religiöses Zentrum an der östlichen Grenze des Deutschen Reiches. Vom
10. Jahrhundert bis zur Reformation war Merseburg Bischofssitz. Das Bistum
entstand auf dem ursprünglichen Gebiet des Bistums Halberstadt. Es umfasste
auch Leipzig und damit Teile des heutigen Sachsen. Das Bistum Merseburg
lag im südlichen Teil des heutigen Bundeslandes Sachsen-Anhalt und war
flächenmäßig eines der kleinsten deutschen Bistümer. Immerhin umfasste
es am Ende des Mittelalters rund 310 Pfarr- und Filialkirchen. Merseburg
war Mittelpunkt des gleichnamigen Hochstifts.
Das
Stifter-Ritorium wurde Mitte des 16. Jahrhunderts säkularisiert und gelangte
in den Besitz der Kurfürsten von Sachsen. Noch bis zum Beginn des 18.
Jahrhunderts bestand aber eine eigene Stiftsregierung in Merseburg, die
das Land im Auftrag des Kurfürsten verwaltete.
Der Merseburger Dom St. Johannes der Täufer und Laurentius repräsentiert das Hochstift. Der erste Bau mit der nach 1036 begonnenen Krypta ist durch Umbauten in der Zeit zwischen 1510 und 1537 überformt. Für die weitgehend verlorene Glasmalerei von 1280 hat Charles Crodel 1947-1960 in moderner Fortschreibung der mittelalterlichen Formensprache Ersatz geschaffen. In Merseburg residierten 43 Bischöfe.
Die zwei Merseburger Zaubersprüche aus einer Handschrift aus dem 9. oder 10. Jahrhundert in althochdeutscher Sprache (Merseburg Domkapitel):
In
der vorschriftlichen, heidnischen germanischen Frühzeit dienten Zaubersprüche
dazu, „durch die Macht des gebundenen Wortes die magischen Kräfte, die
sich der Mensch dienstbar machen will, nutzbar zu machen“. Zaubersprüche
sind, speziell aus dem germanischen Sprachraum, in großer Zahl überliefert.
Alle diese Sprüche stammen aber aus dem Mittelalter und sind daher christlich
geprägt bzw. beeinflusst. Das Einzigartige an den Merseburger Zaubersprüchen
ist, dass sie ihren vorchristlichen Ursprung (vor 750 n. Chr.) noch sehr
rein reflektieren. Sie wurden im 10. Jh. von einem schriftkundigen Kleriker,
vielleicht noch im Kloster Fulda, auf eine freigebliebene Seite eines
liturgischen Buches eingetragen – zu welchem Zweck, ist unbekannt. So
wurden uns die Zaubersprüche in karolingischen Minuskeln auf dem Vorsatzblatt
eines lateinischen Sakramentars überliefert.
Eiris sazun idisi sazunheraduoder suma hapt heptidun sumaherilezidun sumaclu bodun umbicuonio uuidi insprinc hapt bandun inuar uigandun
Einst saßen Idisi, saßen auf den Kriegerscharen. Einige fesselten einen Gefangenen, einige hemmten die Heere. Einige zertrennten ringsherum die scharfen Fesseln. Entspringe den Fesseln, entfahre den Feinden!
Phol ende uuodan uuorun ziholza du uuart demobalderes uolon sinuuoz birenkict thubiguolen sinhtgunt • sunnaerasuister thubiguolen friia uolla erasuister thu biguolen uuodan sohe uuolaconda sosebenrenki sose bluotrenki soselidi renki ben zibenabluot zibluoda lid zigeliden sosegelimida sin
Phol und Wodan begaben sich in den Wald. Da wurde dem Fohlen Balders Fuß eingerenkt. Da besangen ihn [das Fohlen] Sinhtgunt und Sunna, ihre Schwester. Da besangen ihn Friia und Volla, ihre Schwester. Da besang ihn Wodan, so wie er es gut verstand: Wenn Knochenrenkung, wenn Blutrenkung, wenn Gelenkrenkung: Knochen zu Knochen, Blut zu Blut, Glied zu Glied! So seien sie zusammengefügt!
(Übersetzung von W. BECK, 2003)
Boso | 968 | 970 | Giselher (danach Erzbischof von Magdeburg) | 971 | 981 | Aufhebung des Bistums | 981 | 1004 | Wigbert | 1004 | 1009 | Thietmar (Walbeck)* | 1009 | 1019 | Bruno aus Bayern | 1019 | 1036 | Hunold | 1036 | 1050 | Alberich | 1050 | 1053 | Winther | 1053 | 1053 | Ezzelin I. aus Bayern | 1053 | 1057 | Offo, auch Uffo, Onuphrius | 1057 | 1062 | Günther, auch Winithar | 1062 | 1063 | Werner von Wolkenburg | 1063 | 1093 | Eberhard (Gegenbischof) | 1075 | 1075 | Sedisvakanz (v. lat.: sedes = Stuhl + vacans = leer, unbesetzt) |
1093 | 1097 | Albin aus Bayern | 1097 | 1112 | Gerhard | 1112 | 1120 | Arnold | 1120 | 1126 | Megingoz, auch Meingod | 1126 | 1140 | Heinrich I. | 1140 | 1140 | Ezzelin II., auch Eckhelm | 1140 | 1143 | Reinhard von Querfurt | 1143 | 1151 | Johann I. | 1151 | 1170 | Eberhard, Graf von Seeburg | 1171 | 1201 | Dietrich, Markgraf von Meißen | 1201 | 1215 | Ekkehard Rabil, auch Engelhard | 1215 | 1240 | Rudolf von Webau | 1240 | 1244 | Heinrich II. von Waren | 1244 | 1265 | Albrecht I. Truchses** von Borna | 1265 | 1265 | Friedrich I. von Torgau | 1265 | 1283 | Heinrich III. von Ammendorf | 1283 | 1300 | Heinrich IV. Kindt | 1300 | 1319 | Gebhard von Schrapelau | 1320 | 1340 | Heinrich V., Graf zu Stolberg | 1341 | 1357 | Friedrich II. von Hoym | 1357 | 1382 | Burkhard von Querfurt | 1382 | 1384 | Andreas von Duba (Gegenbischof) | 1382 | 1385 | Heinrich VI., Graf zu Stolberg | 1384 | 1393 | Heinrich VII. Schatzmeister aus Orlamünde | 1393 | 1403 | Otto, Graf von Honstein | 1403 | 1406 | Heinrich (VIII.), Graf von Stolberg (Koadjutor***, vom Domkapitel gewählt) | 1406 | 1406 | Walter von Köckeritz | 1407 | 1411 | Nikolaus Lubich | 1411 | 1431 | Johann II. Bose von Ammendorf und Ermlitz | 1431 | 1463 | Johann III. von Werder | 1464 | 1466 | Thilo von Trotha >>> mehr Info | 1466 | 1514 | Johann Fischer von Bodenhofen (Weihbischof) | 1494 | 1507 | Adolf, Fürst von Anhalt-Zerbst (Verweser**** von 1507-1514) | 1514 | 1526 | Vincenz von Schleinitz-Eulau | 1526 | 1535 | Sigismund von Lindenau | 1535 | 1544 | August, Herzog von Sachsen, Administrator***** | 1544 | 1548 | Georg III., Fürst von Anhalt | 1545 | 1550 | Michael Sidonius Helding | 1548 | 1561 | Alexander, Herzog von Sachsen | 1561 | 1565 |
Das Bistum kommt 1565 an Kursachsen und ist später Teil des kurzlebigen Herzogtums
Hier eine kleine Zeitleiste von der Entwicklung Merseburgs vom Urknall zur "Weltstadt".