Schönheit im Mittelalter

Anders als in späteren historischen Epochen – etwa der Zeit Ludwigs XIV., in der versucht wurde unangenehme Körpergerüche bzw. – ausdünstungen mit Parfüms und Pülverchen zu übertünchen – nahm die Körperpflege im Mittelalter einen sehr hohen Stellenwert ein. Das tägliche Bad war nur für die Ärmsten nicht erschwinglich. Für Adlige war es üblich, zumindest einmal pro Tag ein Bad zu nehmen. Am Berufsbild des Baders zeigt sich sehr gut, dass Körperpflege von Medizin nicht getrennt wurde und für die mittelalterliche Gesellschaft von großer Wichtigkeit war. Beim Bader handelte es sich um einen Mitarbeiter, oft auch um den Betreiber einer Badestube. Sein Tätigkeitsbereich umfasste sowohl medizinische als auch hygienische und kosmetische Aufgaben.

Neben der reinen Körperpflege wurde auch sehr viel Wert auf Kosmetik gelegt. Nach dem Waschen wurden sowohl bei den Damen als auch bei den Herren die Wangen und Lippen geschminkt. Sehr beliebt war zur damaligen Zeit der rote Farbstoff der Schildlaus. Haare wurden gefärbt, gebleicht oder gekräuselt, die Augenbrauen wurden in die richtige Form gebracht und es wurde fleißig mit diversen Geruchsölen (Lavendel, Rose) parfümiert. Blasser Teint galt als Zeichen höchster Eleganz und war damit in Adelskreisen ein absolutes Muss. Um die Blässe zu bewahren wurden Gesichtsdampfbäder genommen – anschließend daran wurde mit weißer Schminke auf der Basis von Weizenschrot oder Bleiweiß nachbehandelt. Auch die Hände und Fingernägel wurden einer besonderen Pflege unterzogen. So trugen etwa adlige Spanierinnen im 14. Jahrhundert rund 20 cm lange Fingernägel, die einer speziellen Politur unterzogen wurden.

Die Haarmode

Die Haarmode unterlag während des Mittelalters diversen Modeströmungen und war regional sehr unterschiedlich. Gleichzeitig war sie vor allem Angelegenheit des Adels. Mit Eiweiß und Brenneisen wurden die Haare gelockt oder gekräuselt. Für zu dünnes Haar gab es einige Tricks bzw. Hilfsmittel um Fülle vorzutäuschen: So wurden etwa Seiden- oder Goldfäden ins eigene Haar eingeflochten. Für kahlköpfige Herren wurden kurzerhand Perücken hergestellt.
Im Spätmittelalter nahmen die Frisuren des Adels immer kuriosere Formen an – neben dem Flechten der Haare zu kunstvollen Haarmuscheln wurden unter der Verwendung von Haarnetzen auch Walzen, Kugeln oder etwa Hörner aus dem Haupthaar geformt. – Dies ergab ein für heutige Augen sehr buntes Bild, das sich dem Betrachter bei damaligen Gesellschaften geboten hat. Hier ein kleines Rezept zum Blondieren des Haares.

Ein Rezept aus dem Mittelalter für blondere Haare

Zutaten:
10 gehäufte Esslöffel Kamillentee
1 ½ Liter Wasser
2 Esslöffel Apfelessig

Das Wasser in einem großen Topf zum Kochen bringen. Wenn das Wasser zu kochen beginnt, den Kamillentee hinzufügen. Den Tee 10 Minuten kochen lassen und weitere 10 Minuten ziehen lassen. Den Sud mit einem großen Sieb abseihen und kalt stellen. Schließlich den Apfelessig hinzufügen. Vor dem Schlafengehen die Haare im Waschbecken im Kamillensud baden, danach ein altes sauberes Geschirrtuch um Kopf und Haare wickeln (der Kamillensud färbt ab), schließlich ein Handtuch darüber knoten. Den Kamillensud über Nacht einwirken lassen.
In der Früh mit lauwarmem Wasser ausspülen und die Haare mit einem milden Shampoo waschen. Eine schnellere Möglichkeit:
Den Sud samt Teeblättern noch warm am Kopf verteilen, die Haare in Tücher wickeln und den Sud zwei Stunden einwirken lassen.

Tipp:
Die Haare nach dem Färben mit Haarbalsam behandeln.
Blondiermittel nicht in die Augen bringen, und wenn, rasch ausspülen.

Enthaarung

Für die Enthaarung empfiehlt sich ein sehr preiswert und recht einfach herzustellendes Mittel: Halawa (arab.: von „süß“ abgeleitet). Es besteht einfach aus Zitronensaft und Zucker, gern auch etwas Honig. An der Dosierung muss man selbst etwas experimentieren. Ausprobiert: 2 kleine Becher Saft und 1,75 Becher Zucker. Die Zutaten lässt man etwa eine halbe Stunde ganz leise köcheln, sie karamelliesieren. Unbedingt umrühren, durch den Zucker neigt das Ganze gern zum Anbrennen. Danach am besten in ein breites Gefäß zum Verschließen füllen, die Menge reicht eine Weile. Vorsicht, diese bonbonähnliche Masse ist sehr heiß!!! Nach dem Abkühlen sollte sie eine zähe Konsistenz haben. Etwa ein bonbongroßes Stück abzupfen, eventuell etwas durchkneten und dünn in Wuchsrichtung der Haare auf die Haut streichen. Danach entgegen der Wuchsrichtung mit dem Fingerrücken das Halawa mit kurzen Bewegungen abstreifen. Haare und abgestorbene Hautschüppchen werden entfernt. Besonders gut eignet sich die Methode für die Beine, denn die Haut muss wirklich straff sein. Das nachwachsende Haar ist dann schon spärlicher und man fühlt nicht so diese lästigen Stoppeln. Nach der Anwendung am besten die Haut nochmal mit warmem Wasser abwaschen und ein Pflegemittel auftragen. Es gibt verschiedene Beschreibungen zur Herstellung und Anwendung von Halawa. Ich habe sie selbst wie beschrieben in Syrien kennengelernt. Dort wurde sie für jegliche Körperbehaarung verwendet.

Halawa ist ein seit langem bekanntes Körperenthaarungsmittel im Orient. Der Islam schreibt den Gläubigen eine regelmäßige Enthaarung des Körpers, insbesondere der Achselhöhlen und des Intimbereichs, vor. Da bei der Bevölkerung des Nahen Ostens und Nordafrikas die Körperbehaarung häufig dichter und kräftiger ist als bei nördlichen und ostasiatischen Völkern, konnten sich andere Methoden der Körperenthaarung wie das Auszupfen mit Pinzetten nicht auf Dauer durchsetzen.

Der „Bader“ und sein Werk:

Zum Einnehmen des Bades wurden Badezuber verwendet – diese entsprechen von der Konstruktion her einem halben stehenden Fass. Zur Bequemlichkeit der Badenden wurden die Badezuber oft mit Stoff ausgepolstert. Zusätzlich dazu gab es noch Holzauflagen, die das Essen während der Einnahme eines Bades ermöglichten und so das größt mögliche Wohlbefinden garantierten. Die öffentlichen Badestuben waren vor allem für Menschen der Unterschicht gedacht, die sich die Einrichtung eines eigenen Bades nicht leisten konnten.

Es gab keine Trennung der Geschlechter. Angesichts dessen und auch angesichts der Tatsache, dass in den Bädern reichlich gegessen, getrunken und gefeiert wurde, waren die öffentlichen Bäder der Kirche bald ein Dorn im Auge. Die Besitzer der Badestuben waren hoch angesehene Mitglieder der Gesellschaft – Bischöfe und Landesherren. Auf der einen Seite traten sie gegen den moralischen Verfall an, andererseits profitierten sie von den Gewinnen aus den Badestuben. Vom Standard her erreichten die öffentlichen Badestuben nie die geistlichen bzw. ritterlichen Badestuben. Bader und Mägde hatten umfangreiche Aufgaben. Sie wurden aber schlecht bezahlt. Bademägde waren gleichzeitig auch Prostituierte in den Badestuben. Erst spät erfolgte die Trennung in Frauen- und Männerbäder; Baderegeln wurden erstellt. Im selben Ausmaß wie diese Regulationen in Kraft traten, ging das Interesse an den öffentlichen Bädern zurück.

Aufgaben des Baders

Zur-Ader-Lassen:
Der Aderlass war eine Standardheilmethode, die meist zur Behandlung aller Krankheiten eingesetzt wurde. Mit einer Fliete, einem Messer ähnlichen Gegenstand, wurde dem Patienten eine Vene geöffnet, um die Krankheit mit dem Blut herausfließen zu lassen. Welche Vene an welcher Stelle geöffnet wurde, hing von der Stellung der Gestirne, des Mondes und von der jeweiligen Jahreszeit ab.

- Behandlung von Kopfschmerzen
- Anlegen von Verbänden
- Ausgabe von Salben und Arzneien
- Ziehen kranker Zähne (siehe Bild oben)
- Heilen von Geschwüren und Wunden
- Ausübung kleiner chirurgischer Tätigkeiten, Massage
- Schneiden der Haare und des Bartes 
- Bereitstellung des Bades
- Betreuung der Badegäste


"Wie schön ist deine Liebe, meine Schwester, Liebe Braut! Deine Liebe ist lieblicher denn Wein, und der Geruch deiner Salben übertrifft alle Würze. Deine Lippen, meine Braut, sind wie triefender Honigseim; Honig und Milch ist unter deiner Zunge, und deiner Kleider Geruch ist wie der Geruch des Libanon ... Deine Gewächse sind wie ein Lustgarten von Granatäpfeln mit edlen Früchten, Zyperblumen mit Narden, Narde und Safran, Kalmus und Zimt, mit allerlei Bäumen des Weihrauchs, Myrrhen und Aloe mit allen besten Würzen"
(Aus dem Hohelied Salomos)